Die Walnuss

Vor unserem Wohnzimmerfenster steht ein junger Nussbaum. Der Ertrag an Nüssen ist noch nicht überwältigend, aber doch von Jahr zu Jahr größer und die bevorstehende Ernte auf alle Fälle ein guter Anlass für einen Artikel über die Walnuss, in der TCM als he tao ren (核桃仁) bekannt und beliebt.

Ein Nieren-Tonikum von Feinsten

In der chinesischen Tradition sind Walnüsse vor allem als Nieren-Tonika bekannt. Die stärkende und wärmende Wirkung der Walnuss richtet sich auf Qi und Yang des Funktionskreises Niere. Da der Funktionskreis Niere über den gesamten unteren Erwärmer bestimmt, also grob gesprochen den Körperbereich unterhalb des Nabels, bedeutet eine Stärkung der Niere ein Mehr an Kraft, eine bessere Versorgung mit Blut und Qi sowie eine gesteigerte Funktionalität aller Organe in diesem Bereich des Körpers.

Die Niere ist derjenige Funktionskreis, welcher die aufrechte Haltung eines Menschen ermöglicht. Zum einen ist die Niere zuständig für das Knochengerüst, zum anderen zeichnet sich dieser im Körper am weitesten unten liegende Funktionskreis durch eine aufsteigende, konsolidierende Dynamik aus. Eine Schwäche des Funktionskreises Niere zeigt sich deshalb praktisch immer in einer Schwäche von Knien, Hüfte, Lendengegend oder dem Rücken als Ganzem. Zur Schwäche können sich je nach Yin- oder Yang-Leere ein Kältegefühl oder ein Gefühl des Wundseins gesellen, ebenso wie Anzeichen für lokale Qi- und Blut-Stagnation. Die Walnuss ist in all den Fällen ein hervorragendes Heilmittel, in denen Kälte und Schwäche vorherrschen, die Beschwerden also typischerweise bei kalt-feuchter Witterung sowie bei Überarbeitung und körperlicher Anstrengung zunehmen.

Ein weiterer Bereich, in dem die stärkende Kraft der Walnuss gut eingesetzt werden kann, ist eine verminderte Fähigkeit des Nieren-Qi, die Abgabe von Harn über die Blase zu kontrollieren. Bei zu großer Urinmenge, häufigem Wasserlassen, Reizblase und nächtlichem Harndrang, ebenso wie bei Inkontinenz auf Grund von Schwäche empfiehlt die TCM unter anderem den täglichen Verzehr von einigen Walnüssen.

Die im Westen viel gepriesene positive Wirkung der Walnuss auf das Gehirn wird in der TCM ebenfalls über die Stärkung des Funktionskreises Niere erklärt, welcher für die Versorgung von Gehirn und Rückenmark zuständig ist. Der Walnuss wird nachgesagt, dass sie die Gehirnaktivität insgesamt stimuliert, die Konzentration verbessert, das Nervensystem stärkt und sich auch auf die Stimmung positiv auswirkt, so besonders bei Depressionen.

Nicht zuletzt ist die Walnuss vor allem bei älteren Chinesen auch dank ihrer potenzsteigernden Wirkung beliebt. Der im Anhang angeführte Walnussschnaps könnte wohl als so eine Art sanftes Viagra gehandelt werden . Nach der TCM verbessert der regelmäßige Verzehr dieser Nuss außerdem Menge und Qualität der Spermien, was nach chinesischen Maßstäben einer Stärkung des Jing, der Nieren-Essenz, entspricht.

Als Nieren-Yang-Tonikum ist die Walnuss besonders für Vegetarier von großer Bedeutung. Durch den Verzicht auf Fleisch und Fisch fallen sehr viele starke Yang-Tonika aus, was bei Vegetariern (und mehr noch natürlich bei Veganern) über die Jahre sehr häufig zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Yang-Mangel führt. Das unten angeführte Quinoa-Rezept vereint Walnüsse und Quinoa, zwei besonders eiweißreiche und zugleich Yang stärkende Nahrungsmittel, und eignet sich deshalb hervorragend als Beispiel für eine gelungene vegetarische Kost.

Kraft für die Lunge

Eine ähnlich stärkende und wärmende Wirkung wie auf die Niere hat die Walnuss auch auf den Funktionskreis Lunge. Die TCM empfiehlt sie bei Kurzatmigkeit (also wenn man zum Beispiel beim Treppensteigen außer Atem gerät) oder bei chronischem Husten auf Grund von Lungen-Qi-Mangel, welcher typischerweise bei Müdigkeit oder nach einer Anstrengung zunimmt. Als weitere Symptome eines schwachen Lungen-Qi, bei denen die Walnuss hilfreich sein kann, können wir außerdem eine allgemein oberflächliche Atmung und eine schwache Stimme anführen.

Besonders indiziert ist die Walnuss dank ihrer kombinierten Wirkung auf Lunge und Niere bei Asthma. Auch wenn es sich für uns vielleicht seltsam anhört: die chinesischen Ärzte haben über Jahrhunderte beobachtet, dass beim Asthma und anderen Atembeschwerden häufig neben der Lunge auch die Niere geschwächt ist und dass diese Krankheiten auf Nieren-Tonika sehr gut ansprechen. Die Theorie der TCM lautet: die Niere kontrolliert die Einatmung, die Lunge kontrolliert die Ausatmung.  Durch das Zusammenspiel dieser beiden Funktionskreise ergibt sich eine tiefe, regelmäßige und ungehinderte Atmung. Sind beide Funktionskreise geschwächt und ist die Kommunikation zwischen ihnen mangelhaft, so kann der Atem nicht fließen, Ein- und/oder Ausatmung sind erschwert. Die Paste aus drei Nussarten, deren Rezept sich im Anhang an den Artikel findet, ist bei allen durch Schwäche verursachten Atembeschwerden ohne viel Auswurf ein ausgezeichnetes Hausmittel.

Omega-3-Fettsäuren

Das Thema Omega-3-Fettsäuren ist natürlich kein traditionell chinesisches, aber doch in einer modernen Ernährung sehr wichtig. Walnüsse sind eine sehr gute Quelle für diese so wertvollen essentiellen Fettsäuren. Dadurch spielen Walnüsse in der Prävention vieler so genannter Zivilisationskrankheiten eine große Rolle. Aller Wahrscheinlichkeit nach helfen sie dabei, den Cholesterinspiegel zu senken, Arteriosklerose vorzubeugen, entzündliche Prozesse zu verhindern und die Aktivität des Gehirns zu verbessern.

Achtung!

Walnüsse haben eine relativ milde Wirkung auf das innere Gleichgewicht, weshalb es keine sehr dringenden Kontraindikationen gibt. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die täglich Verzehrdosis von Walnüssen mit 9-30 g angegeben, was je nach Frische und Größe in etwa 2 bis 5 Nüssen entspricht. Aufpassen sollte man wie bei allen wärmenden Nahrungsmitteln im Fall von Hitze, Feuchter Hitze oder Leerer Hitze auf Grund von Yin-Mangel. Auch die leicht abführende Wirkung der Walnüsse (übrigens ideal bei Darmträgheit und Verstopfung von älteren Menschen) kann bei bereits gegebenem Durchfall oder wässrigen Stühlen die Situation verschlimmern.

Was die Qualität der Nüsse betrifft, sollte unbedingt auf Frische geachtet werden. Schimmelbefall ist wie bei allen anderen Nussarten auch enorm wichtiges Thema, da die Schimmelpilze stark gesundheitsgefährdende Gifte produzieren, und außerdem werden die in Walnüssen enthaltenen ungesättigten Fettsäuren relativ leicht ranzig. Deshalb: sieht eine Nuss seltsam aus oder ist sie glasig, unbedingt wegwerfen; schmeckt eine Nuss seltsam, unbedingt ausspucken. Walnüsse sollten immer in der Schale, kühl und trocken gelagert und erst unmittelbar vor dem Verzehr geknackt werden. Wer beim Bäcker ein Walnussbrot kauft, sollte ihm vertrauen können und im Zweifelsfall nachfragen, woher die Walnüsse stammen. Besser ist es natürlich, man bäckt das Brot selbst.

Rezepte

Brotaufstrich mit Miso
(aus Il tao e l’arte die fornelli)

100 g ausgelöste Walnüsse
1 EL milder Miso (z.B. Gerstenmiso)
1 EL gehackte Petersilie
1 dünnes Scheibchen Knoblauch
1 EL extranatives Olivenöl

Alle Zutaten zusammen mixen, eventuell 1-2 Esslöffel Wasser oder Brühe zugeben, bis der Aufstrich cremig wird. Kann auf getoastetem Brot, Crackern, mit rohem Gemüse oder gekochtem Getreide serviert werden.

Walnussschnaps

Ein großes Weckglas mit ausgelassenen Walnüssen füllen und mit Wodka oder klarem Schnaps aufgießen. Nach Geschmack können auch noch eine eingeschnitzte Vanilleschote, einige Gewürznelken, ein paar Scheibchen Ingwer oder eine Stange Zimt dazu. Das verschlossene Weckglas an einem warmen oder sonnigen Platz einen Monat lang  ziehen lassen, dann durch einen Stoff filtern und in eine Flasche füllen.

Brot mit Nüssen und Koriander

200 g volles Roggenmehl (möglichst frisch gemahlen)
3oo g Weizen- oder Dinkelmehl
25 g Hefe
1 TL Honig
ca. 200 ml lauwarmes Wasser
2 TL gemahlener Koriander
zwei Hand voll Walnüsse
½ EL Salz
Die Mehle in eine Schüssel geben, in eine Vertiefung die zusammen mit dem Honig im Wasser gelöste Hefe geben und leicht einrühren; 20 Minuten gären lassen. Dann die restlichen Zutaten beigeben und den Teig fertigen (eventuell noch etwas Wasser zugeben, bis der Teig glatt ist und sich gut schlagen lässt). An einem warmen Ort zugedeckt gehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat. Mit nassen Händen runde, flache Brötchen formen und im vorgeheizten Ofen braun backen.

Das ist ein gutes Brot für kalte und feuchte Witterung.

Apfelcrumble mit Walnuss-Zimt-Kruste

4-5 mittlere Äpfel
etwas abgeriebene Zitronenschale
½ Esslöffel Zimt
80 g gehackte oder geriebene Walnüsse
100 g volles Dinkelmehl
80 g Vollrohrzucker
80 g Butter

Schäle und putze die Äpfel und schneide sie in Scheibchen. Schneide die Butter in kleine Stücke und zerbrösle Butter und Mehl, bis alles gleichmäßig vermischt ist. Mische dann auch den Zucker und die Walnüsse dazu.

Verteile die Äpfel in einer ausgebutterten feuerfesten Form und würze mit Zimt und Zitronenschale. Verteile zum Schluss die Mischung mit den Walnüssen über den Äpfeln. Gib das Ganze in das Rohr und lass es dort ungefähr 40 Minuten, oder bis die Crumbles eine hellbraune Farbe haben.

Paste aus drei Kernarten (ein traditionelles Rezept)
Pinienkerne, Walnüsse und Mandeln zu gleichen Teilen in einer Kaffeemühle oder einer Küchenmaschine fein mahlen und mit etwas Honig zu einer Paste verrühren. Täglich 3 bis 5 mal eine Esslöffel davon in etwas heißem Wasser verrührt einnehmen.

1 Kommentar zu „Die Walnuss“

  1. Sehr interessant! Wo finde ich das oben angesprochene Rezept (Quinoa-Walnuss)? Ich würde das sehr gerne ausprobieren 🙂
    Liebe Grüße! *Ulli

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