Im Wechsel zwischen Schlafen und Wachen spiegelt sich das Wechselspiel von Yin und Yang wider, der mächtige Puls des Universums. Das Wachsein entspricht dem Yang: unser Körper ist wärmer, seine Aktionen richten sich nach außen, Nahrung wird aufgenommen, alle Sinne sind aktiv. Im nächtlichen Schlaf hingegen taucht der Organismus in das Yin: der Körper kühlt leicht aus, die nach außen gerichteten Aktivitäten werden zurückgefahren, der Körper richtet seine Kraft und Aufmerksamkeit nach innen, Zellen werden erneuert, Schäden behoben, Reserven wieder aufgefüllt.
Für einen gesunden Menschen mit einem ausgeglichenen inneren Gleichgewicht stellen die Wechsel zwischen den Yin und Yang-Phasen kein Problem dar. Morgens wird er schnell munter, tagsüber ist er richtig schön wach, abends wird er müde und nachts schläft er tief und fest. Für viele Menschen aber laufen die Tage und Nächte nicht immer so reibungslos: sie werden zu spät oder nicht richtig wach, schlafen schlecht oder nicht tief genug. Gerade mangelnder Schlaf und zu kurze Regenerationsphasen machen immer mehr Menschen arg zu schaffen.
Eine von vielen Möglichkeiten, auf die Schlafqualität Einfluss zu nehmen, ist das Abendessen.
Zunächst einmal sollte das Abendessen nicht zu spät stattfinden (in der chinesischen Medizin spricht man von 4 Stunden Verdauungszeit vor dem zu Bett Gehen), nicht zu üppig ausfallen und sehr leicht verdaulich sein. Die Verdauung ist ein Yang-Prozess, der sich mit dem Schlaf nicht verträgt. Soll der Körper gleichzeitig schlafen und verdauen, so wird er sich für eines von beiden entscheiden oder aber – in den meisten Fällen – beides schlecht machen. Meistens liegt einem ein spätes oder zu üppiges Abendessen dann nach einer unruhigen Nacht mehr oder weniger unverdaut auf dem Magen und vermiest die Lust auf das Frühstück. Ein Teufelskreis beginnt, denn wer ohne ein ordentliches Frühstück aus dem Haus geht, muss spätestens beim Abendessen wieder ordentlich zulangen, um auf seine Kosten zu kommen. Ein leichtes und bekömmliches Abendessen wäre zum Beispiel gekochtes Gemüse, eine Suppe oder ein Eintopf mit Getreide, Hülsenfrüchten und Gemüse, etwas Fisch oder Meeresfrüchte und leichte Milchprodukte (sofern sie gut vertragen werden).
Darüber hinaus hat das, was wir zu Abend essen einen direkten Einfluss auf unser inneres Gleichgewicht und damit auch auf die Qualität des Schlafes. Beginnen wir bei der thermischen Wirkung der Speisen, also ihrer Fähigkeit, unseren Körper dazu zu bringen, die Körpertemperatur nach oben oder unten zu regulieren. Während des Schlafes sinkt die Körpertemperatur leicht, weshalb auch eine niedrigere Raumtemperatur sich positiv auf den Schlaf auswirkt. Logischerweise sollten deshalb die Speisen, die wir abends zu uns nehmen, in ihrer thermischen Wirkung erfrischend oder wenigstens neutral sein. Beispiele für erfrischende Nahrungsmittel, die sich gut als Abendmahlzeit eignen sind Hirse, Gerste, grüne Blattgemüse, Frischkäse oder Tofu. Wärmende Nahrungsmittel hingegen, wie zum Beispiel die meisten Gewürze, Wurstwaren, reifer Käse, Krustentiere oder rotes Fleisch gehören für Menschen mit Schlafstörungen ab 18 Uhr nicht mehr auf den Tisch.
Auch der Geschmack der Speisen hat eine unmittelbare Wirkung auf unser inneres Gleichgewicht. Nach der chinesischen Medizin gibt es zwei Yang-Geschmäcker, süß und scharf, die beide abends nur in Maßen genossen werden sollten. Der süße Geschmack tonisiert das Qi und wirkt zudem leicht schweißtreibend. Übersetzt in westliche Ernährungsprinzipien bedeutet dies, dass abends keine zu großen Mengen Kohlenhydrate konsumiert werden sollten, insbesondere nicht solche, die zu einem schnellen und starken Anstieg des Blutzuckerspiegels führen. Der scharfe Geschmack wiederum verstärkt die innere Dynamik des Organismus (ein Aspekt des Yang) und kurbelt den peripheren Kreislauf an. Beides ganz offensichtlich in Widerstreit zum Yin des Schlafs.
Die Yin-Geschmäcker, welche das Qi insgesamt nach innen führen und absenken, sind sauer, bitter und salzig. Nahrungsmittel, in denen diese Geschmäcker vorherrschen, eignen sich sehr viel besser als Abendmahlzeit, zum Beispiel frische Milchprodukte, Tomaten oder etwas Kompott für den sauren Geschmack, Blattsalate, Radicchio, Brokkoli oder Amaranth für den bitteren Geschmack, sowie Venusmuscheln, Tintenfische, Meeresalgen und ein leichtes Misosüppchen für den salzigen Geschmack.
Über solche allgemeine Ratschläge hinaus gibt es nach der Chinesischen Medizin verschiedene Ungleichgewichte, welche Schlafstörungen verursachen können, Auch wenn sie in den allermeisten Fällen mit einem Ungleichgewicht zwischen Yin und Yang zu tun haben (sprich: ein zu schwaches Yin oder ein übermäßiges Yang), so ist es doch nötig, die Ernährung in jedem einzelnen Fall individuell anzupassen, was nur im Rahmen einer Ernährungsberatung passieren kann.