Die Liste der Störungen, bei denen sich Kurkuma in jüngeren Studien als wirksam erwiesen hat, liest sich wie ein Who´s who der Zivilisationskrankheiten. Kurkuma unterstützt die Verdauung und schützt den Darm, bringt Leber und Gallenblase in Schwung, unterstützt die entgiftende Funktion der Leber, bekämpft depressive Verstimmung, treibt den Stoffwechsel an und fördert die Fettverbrennung, senkt Blutzuckerspiegel und Blutdruck, vermindert das Cholesterin im Blut und schützt die Blutgefäße und das Herz. Kurkuma ist einer der stärksten pflanzlichen Entzündungshemmer, wirksam bei rheumatischen Beschwerden und Kopfschmerzen, er stärkt das Immunsystem, ist aktiv gegen Viren, vermindert den Knochenabbau bei Osteoporose, beugt Allergien vor, reguliert die Menstruation und gilt als ein ausgezeichneter Radikalfänger. Zahlreiche Studien bestätigen die Wirksamkeit von Kurkuma im Kampf gegen Krebs und stellen eine Wirksamkeit gegen Alzheimer als sehr wahrscheinlich dar.
Die Traditionelle Chinesische Medizin, in der Gelbwurz schon seit Jahrtausenden eingesetzt wird, erklärt und beschreibt deren Wirksamkeit natürlich etwas anders. Bevor wir uns Kurkuma aus der Sicht der TCM anschauen, müssen wir aber ein Missverständnis aufklären, das häufig zu Verwechslungen führt. Wenn wir in der TCM von „Curcuma“ sprechen, so meinen wir damit drei verschiedene Heilkräuter:
- jiang huang, Rhizoma Curcumae longae, ist die häufig in der indischen Küche verwendete, aromatische Gelbwurz, auf Englisch turmeric genannt. Um sie geht es in diesem Artikel;
- yu jin, Radix Curcumae, ist ein weiteres TCM-Heilkraut, das allerding keine gelbe Farbe und keinen aromatischen Geschmack besitzt, deshalb nichts in Kochrezepten zu suchen hat und sich auch in der Wirkung von der Gelbwurz absetzt;
- e zhu, Rhizoma Curcumae zedoariae, auch „weiße Kurkuma“, Mango-Kurkuma oder Zitwerwurzel genannt, ist von der Wirkung und dem Geschmack her am ehesten mit unserer Gelbwurz vergleichbar, bei uns im Handel allerdings nicht so leicht zu finden.
Die Kurkuma ist mit dem Ingwer verwandt und trägt ihn in ihrem chinesischen Namen (jiang huang, 姜黄, bedeutet übersetzt „gelber Ingwer“), doch ihre Wirkung ist dann doch recht unterschiedlich. Worin sich Kurkuma und Ingwer ähneln, ist die sowohl wärmende als auch bewegende Wirkung, allerdings bewegt Ingwer vor allem das Qi, während sich die Wirkung von Kurkuma mehr auf das Blut richtet. In der TCM sagt man also, Kurkuma bewegt oder „belebt“ das Blut, zerstreut Blut-Stasen. Nach der TCM richtet sich diese Wirkung vor allem auf den Funktionsreis Leber, wird demnach zur Belebung der Menstruation, bei Regelschmerzen oder ausbleibender Menstruation eingesetzt, sofern diese Probleme mit einer Stagnation zusammenhängen und positiv auf Wärme reagieren. Ganz allgemein wird Kurkuma bei Schmerzen im Bereich von Bauch und Thorax eingesetzt, die von einer Blut-Stagnation herrühren. Blut-Stagnation führt oft zu sehr starken, bohrenden Schmerzen und Kurkuma zeigt hier auch nach modernen Erkenntnissen eine Wirkung, die sich durchaus mit der von synthetischen Schmerzmitteln vergleichen lässt.
Was in der TCM traditionell nicht genannt wird, ist ein Bezug von Kurkuma zum Herzen und zu einer Blut-Stagnation in diesem Funktionskreis. Auch hier aber zeigen aktuelle Studien, dass die Empfehlungen für Kurkuma wohl um einige wichtige Bereiche erweitert werden müssen. Allem Anschein nach senkt es die Blutfettwerte, verbessert die Blutversorgung des Herzens, senkt den Blutdruck und vermindert die Blutgerinnung, alles Wirkungen, die nach der TCM dem Bewegen des Herz-Blutes entsprechen.
Aus der Blut bewegenden Wirkung ergeben sich einige der wichtigsten Kontraindikationen für die Gelbwurz. Eine bereits bestehende Blutung kann durch sie verstärkt werden, so zum Beispiel eine bereits sehr starke Regelblutung oder ein blutendes Magengeschwür, außerdem darf Kurkuma in therapeutisch wirksamer Dosierung nicht zusammen mit blutverdünnenden Medikamenten genommen werden und – eine Warnung, die für alle Blut bewegenden Nahrungs- und Arzneimittel gilt – während der Schwangerschaft ist Vorsicht geboten. Eine Schwangerschaft geht für den Organismus der Mutter notwendigerweise mit einer gewissen Blut-Stagnation einher. Wird das Blut zu stark bewegt, kann es deshalb zum vorzeitigen Abbruch der Schwangerschaft kommen. Die Blut bewegende Wirkung der Kurkuma ist dann in den Tagen nach der Geburt wieder gefragt, wenn sie dabei hilft, einen Blutstau zu verhindern und Schmerzen zu lindern.
Neben dem Blut bewegt die Gelbwurz ein wenig auch das Qi. Hier zielt ihre Wirkung vor allem auf Leber und Gallenblase, wo Produktion und Sekretion der Galle verstärkt werden, eine Wirkung, die nach der TCM einem Bewegen des Leber-Qi entspricht. In diesem Zusammenhang ergibt sich eine leicht verständliche Kontraindikation bei einem Verschluss der Gallenwege.
Eine letzte chinesische Indikation für die Gelbwurz betrifft die Bi-Syndrome, die meist als schmerzhafte Obstruktionssyndrome übersetzt werden. Dabei handelt es sich nach der TCM um Situationen, in denen ein äußerer Störfaktor (Wind-Kälte, Wind-Feuchtigkeit oder Wind-Kälte-Feuchtigkeit) meist auf Grund einer Schwäche der körpereigenen Ressourcen in den Körper eindringt und sich zunächst in der Peripherie des Körpers festsetzt, also z.B. in Muskeln, Sehnen oder Gelenken. Die dadurch entstehende massive Stagnation von Qi und Blut führt zu starken Schmerzen und – ein Teufelskreis – zu einer noch schlechteren Versorgung und noch mangelhafterem Schutz der betroffenen Körperteile. Sehr oft reagiert der Organismus auf den eingedrungenen Störfaktor mit reaktiver Hitze, sprich einer Entzündung, ein Bild, das sich z.B. bei einer rheumatoiden Arthritis ergibt.
Kurkuma wirkt in diesen Fällen den Schmerzen entgegen, bewegt das stagnierende Blut und verbessert so die Versorgung der betroffenen Körperteile. Außerdem vertreibt sie nach der TCM Wind-Kälte-Feuchtigkeit. Nach dieser Logik ist Kurkuma immer dann besonders empfehlenswert, wenn bei einem Bi-Syndrom Schmerzen und Beschwerden durch äußere Kälte oder Feuchtigkeit zunehmen, also z.B. bei entsprechendem Wetter.
Die Erklärung der Biomedizin schaut etwas anders aus. Hier wird der Gelbwurz in diesem Zusammenhang eine (beachtliche) entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. Übertragen wir eine solche Wirkung in die Sprache der TCM, würden wir uns allerdings eine Hitze klärende Wirkung erwarten oder wenigstens eine erfrischend-kalte thermische Wirkung. Bei der warmen Kurkuma ist beides Fehlanzeige. Tatsächlich wirkt die Kurkuma nicht immer und prinzipiell entzündungshemmend und demnach „kühlend“, so ist sie zum Beispiel bei einer Gastritis (Magen-Hitze) kontraindiziert, da sie auf den Magen eine „wärmende“, stimulierende Wirkung hat. Tatsächlich kann Kurkuma bei einem „kalten“ und schwachen Magen zur Unterstützung eingesetzt werden, zeigt hier also das genaue Gegenteil einer kühlenden Wirkung.
Wollen wir die TCM und die moderne Forschung unter einen Hut bringen, könnten wir uns vielleicht darauf einigen, dass Kurkuma Hitze lindert, die mit einer starken Stagnation zusammenhängt oder sich daraus ergibt. Außerdem scheint sie wirksam zu sein, wenn die Hitze sich aus einer Kälte entwickelt und die Kälte im Hintergrund auch weiter bestehen bleibt, wie dies gerade bei der rheumatoiden Arthritis sehr oft der Fall ist. Mit dieser Indikation ist die Gelbwurz bei den Bi-Syndromen übrigens kein Einzelfall: auch Zimt, Ingwer und Chili werden in diesem Zusammenhang oft entzündungshemmende Wirkungen zugeschrieben, die in deren Beschreibung nach der TCM keine Entsprechung finden, es sei denn eine besonders stark bewegende, wir könnten sagen „Hitze zerstreuende“ Wirkung.
Ein letztes Thema in Bezug auf die Kurkuma ist deren in zahlreichen Studien nachgewiesene antitumorale Wirkung. Weder Kurkuma noch ein anderes natürliches Mittel können heute eine konventionelle Krebsbehandlung ersetzen, doch zusammen mit anderen Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmitteln ergibt sich eine Art Anti-Krebs-Ernährung, die in der Prävention, als Begleitung einer Therapie und zur Vermeidung von Rückfällen doch eine wichtige Rolle spielen kann. Wie so oft wird die Wirkung gegen Krebszellen in der Biomedizin auf einen einzigen Wirkstoff heruntergebrochen, in diesem Fall das Curcumin. Nach der TCM bevorzugen wir hingegen immer das ganz Heilkraut und versprechen uns daraus eine ausgeglichenere Wirkung und weniger Nebenwirkungen. Was wir aus den Studien über Curcumin lernen können ist allerdings, dass es vom menschlichen Darm nur zu einem Teil und sehr schwer aufgenommen werden kann. Um die Aufnahme zu erleichtern, sollten zeitgleich etwas Piperin (sprich: schwarzer Pfeffer) und Fett zugeführt werden. Ein gutes indisches Curry ist also auch nach modernsten Erkenntnissen eine bis ins letzte ausgeklügelte Arznei.
Rezepte
Um therapeutische Wirkungen zu erzielen ist ein Curry alle zwei Wochen nicht genug. Die tägliche Dosis für jiang huang wird in der TCM mit 3-9 g angegeben. Bei getrocknetem Pulver würde ich näher bei den 3 Gramm bleiben, bei einer frischen Wurzel können es auch 10 Gramm am Tag werden.
Kurkuma-Paste
50 g
frische Kurkumawurzel, gerieben oder in Scheiben geschnitten
1 cm frischer Ingwer, in feine Scheiben geschnitten
1 Kardamomkapsel, nur die schwarzen Samen im Inneren, gemörsert
½ TL Zimtpulver
1 g Safran
3 Prisen schwarzer Pfeffer
ca. 50 ml Wasser
½ EL Kokosfett, Ghee, Olivenöl…
Alle Zutaten mit einem Pürierstab pürieren, anschließend in einem kleine Topf bei milder Hitze zu einer relativ festen Paste einkochen (dauert ca. 15 Minuten). In einem Glas hält sich die Paste im Kühlschrank eine Woche. Schmeckt in unzähligen Varianten, mit etwas Honig in einer „Goldmilch“, mit etwas Salz und Butter auf einem Stück Brot oder mit Frischkäse, Mandelmus, Avocado oder pürierten Hülsenfrüchten zu einem feinen Aufstrich verrührt.
Kurkuma-Lassi
1
Naturjoghurt
½ Zitrone, der Saft
1 Banane
1 TL Ingwer, gerieben
2 TL Kurkuma, frisch, gerieben oder 1 TL getrocknet als Pulver
Honig nach Belieben
1 EL Kokosfett
Alle Zutaten miteinander im Mixer pürieren.
Kurkuma-Smoothie
1
Stange Sellerie
½ Avocado
1 Apfel
1 Kopf Chinakohl
1 TL Kurkuma
Zitronensaft nach Belieben
Auberginen mit Kurkuma
2 mittlere Auberginen, grob
gewürfelt
2 Tomaten, gewürfelt
1 Kartoffel, geschält und fein gewürfelt
2 cm frischer Ingwer
1 Knoblauchzehe
½ milde Zwiebel
1-2 TL Kurkumapulver
Kreuzkümmel und Chili nach Belieben
Ghee oder ein anderes Kochfett
Salz
Das Ghee in einer Pfanne wärmen, den Knoblauch, dann
den Ingwer und schließlich die Zwiebel, alle mehr oder weniger fein gehackt,
sanft anbraten. Wenn die Zwiebel glasig und golden sind, die Tomaten dazugeben.
Nach einigen Minuten Kreuzkümmel, Kurkuma und Auberginen in den Topf geben und
etwas Wasser aufgießen. Salzen und circa 25 Minuten einkochen lassen, bis die
Soße sämig wird.